"Was ich von der Gesellschaft erwarte, ist, erst mal alles für möglich zu halten.
Also nicht zu sagen: Das kann nicht sein,das gibt es nicht (…)"(Zitat von einer Betroffenen)*
Sexualisierte Gewalt in organisierten und rituellen Strukturen:
Was ist das?
Sexuelle Gewalt in organisierten und rituellen Gewaltstrukturen ist eine Form von sadistischer, planmäßiger Gewalt, die systematisch in Netzwerken ausgeübt wird. Betroffene erleben in der Regel seit früher Kindheit von einer Vielzahl von Täter_innen schwere sexuelle, körperliche und psychische Gewalt. Diese Handlungen haben häufig einen stark ritualisierten Charakter (beispielsweise Opferungen, Zeremonien).
Die Familie spielt dabei in den meisten Fällen eine zuführende und destruktive Rolle. In der Regel sind sie – und somit auch die Betroffenen selbst – durch Ideologien in das Netzwerk/die Organisation eingebunden (z.B. in Sekten, Kulten, faschistischen Zusammenschlüssen). Somit wird eine frühkindliche Bindung an Täter_innen und Gruppe gewährleistet.
Geplante, systematische Gewaltanwendung wie sexualisierte Folter, Ekeltraining und Mind-Control-Methoden dienen neben sadistischer (Macht-)Befriedigung mitunter auch als Instrument, um Betroffene langfristig einer umfassenden Kontrolle unterziehen zu können. Diese systematische Anwendung von traumatisierender Gewalt kann zu spezifischen Dissoziationen bis hin zur Aufspaltung von kindlichen Persönlichkeiten in mehrere Persönlichkeitsanteile führen (Dissoziative Identitätsstruktur/Viele-Sein/Multipel-Sein) und wird durchaus gezielt eingesetzt.
Kommerzielle Ziele wie Kinder-/Menschenhandel und der Verkauf von Kinder-Missbrauchs-Material spielen in vielen Fällen eine Rolle in den organisierten Netzwerken. Im Zuge der Missbrauchshandlungen werden Betroffene häufig dazu gezwungen, andere (Kinder/Tiere) bis hin zu Tötungsdelikten zu quälen (u.a. zur Herstellung von filmischer Aufzeichnung von Kindstötungen in sogenannten Snuff-Videos).
Betroffene von dieser Art von Gewalt in organisierten, rituellen Gewaltstrukturen bekommen im Laufe der Zeit oftmals tragende Rollen in diesen Netzwerken zugewiesen. Dadurch wird eine ambivalente Anbindung an das Netzwerk hergestellt und die Distanzierung bzw. das Verlassen desselben erschwert.
* anonym aus: Schröder, Johanna & Behrendt, Pia & Nick, Susanne & Briken, Peer. (2020, Seite 265). Was erschwert die Aufdeckung organisierter und ritueller Gewaltstrukturen? – Eine qualitative Inhaltsanalyse der Erlebnisberichte von Betroffenen und Zeitzeug_innen. Die Publikation ist im Volltext zugänglich auf www.researchgate.net.